Da es sich um Band 3 der Wasteland-Trilogie handelt, möchte ich schon direkt zu Beginn eine Spoiler-Warnung aussprechen. Wenn ihr die Reihe noch nicht kennt und noch lesen wollt, solltet ihr meine Rezension besser nicht lesen.

Nach der spektakulären und nicht ganz ungefährlichen Flucht von der Elysium sind Lys und ihre Freunde wieder sicher auf der Erde angekommen, aber der Frieden – sollte man die Situation wirklich als solchen bezeichnen wollen – wärt nicht lange. Nicht nur, dass ein Krieg nach aktuellem Stand kaum zu vermeiden ist, auch Z zieht sich von Lys zurück, denn seine Zeit läuft langsam ab. Ehe sie sich versieht, befindet sich Lys mitten in einer Schlacht, die die Zukunft der Erde maßgeblich verändern wird.

Kennt ihr diese Bücher, die man eigentlich nur anlesen will, weil man an dem Tag grundsätzlich noch tausend andere Sachen zu tun hat? Und dann – wenn man das nächste Mal auf die Uhr sieht – ist bereits zwei Uhr nachts und man will sich eigentlich trotzdem noch nicht von der Geschichte losreißen? So in etwa ist es mir mit “Wasteland. Moment der Entscheidung” aus der Feder von Emily Bähr ergangen.
Dass “Wasteland” einen nicht kalt lässt, ist mir nach zwei Bänden bereits klar gewesen, doch nie hätte ich gedacht, dass das große Finale der Trilogie mich noch mehr mitnehmen würde wie die beiden Vorgänger. Trotzdem ist genau das passiert und ich versuche noch immer, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Lange hat mich kein Roman mehr so fertig gemacht.
Zurück im Ödland
Das titelgebende Ödland haben wir schon wirklich lange nicht mehr gesehen, da Band 2 fast vollständig andere Settings vorzuweisen hatte. Nun die Gruppe wieder dorthin zu begleiten, fühlt sich an wie nach Hause zu kommen. Aber natürlich ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen (wäre ja auch langweilig), deshalb lässt uns Emily Bähr kaum Zeit zum Durchatmen.
Im Stützpunkt der Rebellen lernen wir nicht nur einen neuen Charakter kennen – Alex, ein nerviges Plappermaul, das man aber trotzdem nach einer Weile liebgewinnt -, sondern auch die neue Bleibe der Gruppe. Die sieben Personen auf engstem Raum? Kann das gutgehen? Schließlich sind fast alle von ihnen ständig bewaffnet und werfen mit Beleidigungen um sich als müssten sie eine Quote erfüllen. (Das ist übrigens positiv gemeint. Ich finde den Umgangston der Truppe sehr amüsant.)
Obwohl sich nach der Einführung des neuen Settings und der Ausgangssituation recht schnell eine Art Alltag etabliert, wird es nicht langweilig, denn alles, was geschieht, ist wichtig für das Voranschreiten der Geschichte, bevor es zum großen Finale kommt, auf das ich nicht weiter eingehe, um euch die Spannung beim Lesen nicht zu nehmen. So viel sei jedoch gesagt: Ich habe immer noch Gänsehaut.
Außerdem liegt der Fokus dieses Mal tatsächlich ein wenig mehr auf der Liebesgeschichte, denn mittlerweile hat Lys sich in den unnahbaren Z verliebt und Z sich ebenso in sie. Man sollte meinen, dass nun alles einfach wäre, aber das ist es nicht. (Hätte ich eigentlich mit rechnen müssen. In “Wasteland” lässt sich nun mal nicht alles mit einer groß angelegten Sprengung lösen. Auch wenn Victoria da sicher anderes behauptet.)
Von gebrochenen Herzen und Panzertape
Wieso Panzertape? Weil man selbst in der Apokalypse alles mit Panzertape reparieren kann. Auch wenn die Welt untergeht, Panzertape wird es immer geben, aber kann es auch gebrochene Herzen flicken? Das wäre zumindest echt gut, denn während des Lesens wird das Herz nicht nur angeknackst. Nein, es wird richtig aus der Brust gerissen, auf den Boden gedonnert, zertrampelt und durch den Reißwolf gejagt. So zum Vergleich, wie sich das anfühlt.
Es ist schon richtig lange her, dass ich das letzte Mal wegen eines Buches einen solchen Herzschmerz erlebt habe. Denkt man nach Band 1 und 2 von “Wasteland”, dass die ganze Zeit nur geflucht und mit Beschimpfungen um sich geworfen wird, so wird einen diese Tatsache für den dritten Band ganz schön überraschen. Mich hat es echt kalt erwischt, wie mich diese vollkommen untypische, unkitschige Liebesgeschichte zwischen dem Kopfgeldjäger, der nun leider kein Einsiedlerdasein mehr fristen kann, und dem Mädchen aus dem Ödland, das eigentlich nie was mit der Revolution zu tun haben wollte, fertiggemacht hat. Und berührt hat. Und in Tränen hat ausbrechen lassen. Und wie sehr ich die Geschichte der beiden einfach nur liebe.
Wenn der Abschied schwerfällt …
Wisst ihr, ich war darauf vorbereitet, dass die Trilogie mit “Wasteland. Moment der Entscheidung” endet und doch fühlt es sich noch immer unwirklich an, dieser meisterhaft konstruierten Welt mit all ihren schrägen, aber liebenswürdigen Charakteren Lebwohl zu sagen. Es wird seltsam sein, nicht auf einen neuen Band zu warten und zu sehen, wie die Revolution voranschreitet.
Emily Bähr hat die Geschichte an dem in meinen Augen perfekten Punkt beendet, den ich gar nicht anders wollen würde, aber nun da es vorbei ist, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, wie es mit Lys, Z und all den anderen weitergeht.
Auch wenn die Figuren, die mich durch die “Wasteland”-Reihe begleitet haben, von Haus aus nicht die perfekten Nachbarn oder Freunde sind, so haben sie alle etwas Besonderes, was es fast unmöglich macht, sie nicht zu mögen. Ob nun J.S.’ Alkoholkonsum, Victorias Vorliebe für Sprengungen oder Regans Kaktus Stan … sie werden mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Allen voran Lys, die im Grunde nichts Besonderes ist, deren Mut sie aber letztendlich sehr weit gebracht hat.
Danke für diese außergewöhnliche Reise!

Eigentlich reicht ein Wort, um zu beschreiben, wie ich “Wasteland. Moment der Entscheidung” fand: Jahreshighlight! Ich bin sicher, dass mir in ganz 2018 kein Buch mehr unterkommen wird, das spannender, herzzerreißender oder epischer ist und coolere Charaktere besitzt. Chapeau an Emily Bähr für diese herausragende Reihe!

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- Titel: Wasteland. Moment der Entscheidung
- Autor: Emily Bähr
- Reihe: Wasteland #3
- Preis: 3,99 €
- Verlag: Carlsen Impress
- Seitenzahl: 401
- ISBN: 978-3-646-60426-9
- Weitere Informationen gibt es hier.
Ich danke Carlsen Impress für das Vorabexemplar.
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