Hallöchen, ihr Lieben, und herzlich willkommen zu einem weiteren Post aus der Reihe „Autorenleben“!
Heute befassen wir uns mit einem immer wieder sehr präsenten Thema, über das ich liebend gerne ewig schwadronieren würde, weil ich es einfach wahnsinnig wichtig finde. Vielleicht seht ihr das anders und das ist auch total okay, aber meine Testleser haben mich schon sehr oft davor bewahrt, irgendwelchen Mist an Verlage zu schicken. Und um die geht es heute: Die lieben Testleser. Vielleicht seid ihr Testleser, vielleicht habt ihr Testleser. Ich bin beides und möchte euch in diesem Beitrag wissen lassen, worauf ich persönlich achte und wie die Arbeit mit Testlesern – egal, auf welcher Seite man steht – im besten Fall aussieht. Also Lauscher bzw. Augen auf und aufgepasst!
Vor den Testlesern …
… sollte erst einmal eine Manuskriptrohfassung fertig sein. Zumindest beim ersten Skript. Wenn ihr schon etwas erfahrener seid, steht es euch natürlich frei, euch schon eher Testleser zu suchen, die euch beim Entstehungsprozess begleiten, aber gehen wir mal davon aus, dass ihr gerade euer erstes Skript schreibt. Die größte Hürde ist in meinen Augen das Beenden. Jeder kann anfangen, ein Buch zu schreiben, aber letztendlich auch die magischen vier Buchstaben „Ende“ darunter zu setzen, das schaffen nur die wenigsten. Und wenn ihr euch nicht sicher seid, dass am Ende kein halbfertiges Skript in einer einsamen Schublade verstaubt, braucht ihr auch keine Testleser. Also … fertig schreiben! Das Wichtigste.
Ich werde jetzt mal gnadenlos ehrlich sein und hoffe, ihr vergebt mir, aber ich bin fest davon überzeugt, dass jedes erste Skript eines Autors – schlicht und ergreifend – Mist ist. Aber so richtig! Ausnahmen bestätigen die Regel. Es kann natürlich sein, dass ihr ein schriftstellerisches Naturtalent seid und alles, was ihr schreibt, auf der Stelle wunderbar klingt, die Charaktere facettenreich sind und ihr einen perfekten Spannungsbogen habt. Gibt es alles, aber in der Regel ist das nicht der Fall. Deshalb solltet ihr aber nicht verzweifeln. Nur weil die Rohfassung nicht gut ist, heißt es nicht, dass sie es nicht noch werden kann. Wir reden schließlich von der Rohfassung. Da ist noch nichts endgültig. Und deshalb kommen wir nun zu den Testlesern.
Wie findet man eigentlich Testleser?
Es gibt ganz verschiedene Wege, um Testleser zu finden. Online gibt es einige Foren für Autoren mit Threads extra für die Testlesersuche. Zum Beispiel fällt mir da das Forum der Schreibnacht ein, in dem sich einige Autoren tummeln, die gerne bereit dazu sind. Eine andere Möglichkeit ist Social Media. Vor allem auf Facebook gibt es unzählige Gruppen, in denen Autoren und solche, die es werden wollen, ihre Testleser-Gesuche posten können. Selbstverständlich könnt ihr auch eure eigenen Social Media-Kanäle nutzen, um die Menschen in eurer Freundesliste oder in weiteren Buch-bezogenen Gruppen zu erreichen. Wer keinen anderen Kontakt in die Buchszene hat, ist mit sozialen Medien und dem Internet zur Testleser-Suche gut bedient. Natürlich könnt ihr auch Freunde und Familie fragen, aber worauf ihr dabei achteten sollte, darauf gehe ich gleich noch genauer ein.
Fassen wir zusammen. Testleser findet man:
- in Online-Schreibforen
- in speziellen Testleser-Facebook-Gruppen
- in sozialen Medien allgemein
- im Freundes- und Familienkreis
Und worauf muss man bei der Auswahl achten?
Es gibt einige Punkte, die Testleser erfüllen sollten. Wenn man noch nie mit einer Person zusammengearbeitet hat, sie vielleicht vorher auch gar nicht kannte, kann man bestimmte Dinge natürlich noch nicht wissen. Daher sollte man direkt zu Beginn (vielleicht schon im Gesuch) festlegen, welche Erwartungshaltung man gegenüber den Testlesern hat. Auf dieser Weise kann es nicht zu Missverständnissen kommen.
Zuverlässigkeit
Das wohl wichtigste in jeder Zusammenarbeit ist natürlich die Zuverlässigkeit auf beiden Seiten. Ihr als Autor solltet mit dem Testleser in Kontakt stehen. Ebenso andersherum. Kommunikation ist wichtig. Kommt dem Testleser kurzfristig etwas dazwischen und der Autor wartet auf das Skript, das er an dem Tag zurückbekommen sollte, gibt das am Ende nur Stress für beide Seiten. Eine kurze Nachricht tut hier niemandem weh, man kann schließlich über alles reden.
Zu dem Punkt zählt ebenfalls die Rückmeldung. Ich habe in meinem Leben schon einige Skripte an Testleser geschickt und vor allem, wenn ich neben meinen Stammtestlesern weitere Testleser drübergehen lasse, kommt es oft vor, dass nichts zurückkommt, sobald ich das Skript geschickt habe. Das hilft mir nicht viel, also … Danke für nichts. Weil auch wenn der Testleser das Buch vielleicht gelesen und total geliebt hat, werde ich es nicht erfahren, wenn er mir keine Rückmeldung gibt.
Eine kleine Anekdote:
Vor gut anderthalb Jahren habe ich mein erstes Young Adult-Skript an einen Testleser geschickt. Ich war mega aufgeregt, da ich gerade die Anmerkungen vom Verlag eingearbeitet hatte und eine unvoreingenommene Meinung wollte. Die anderen Testleser hatten das Buch alle schon in der vorherigen Fassung gelesen. Monatelang kam nichts zurück, ich habe das Skript ohne die Rückmeldung dem Verlag geschickt. Etwas später haben der Testleser und ich wieder mehr Kontakt, ich spreche ihn auf das Skript an. Zurückkommt: „Oh ja, das hab ich gelesen. Meine Rückmeldung bekommst du noch.“
Wohlgemerkt: Zu dem Zeitpunkt war das Skript bereits lektoriert. Und auf die Rückmeldung warte ich bis heute vergeblich. Über ein Jahr.
Belesenheit
Damit ist nicht gemeint, dass der Testleser eurer Wahl alle Klassiker der Weltgeschichte kennen muss, aber Kenntnisse in dem Genre, in dem auch das fragliche Skript angesiedelt ist, sind durchaus von Vorteil. Jemand, der keine weiteren Bücher des Genres kennt, wird wohl kaum beurteilen können, ob euer Buch gut oder verbesserungswürdig ist. Vielleicht kann er es ganz allgemein bewerten, aber der Vergleich würde an dieser Stelle fehlen.
Außerdem ist jemand, der sonst nie ein Buch in die Hand nimmt, keine gute Wahl als Testleser. Ich persönlich vertrete die Ansicht: Wer nicht gerne liest, hat einfach noch nicht das richtige Buch entdeckt. Vielleicht ist eures ja das eine, aber (siehe oben) eine Rohfassung wird wohl kaum so qualitativ hochwertig sein, um einen Lesemuffel in einen Büchernerd zu verwandeln. Das wäre in etwa so, wie wenn ihr die Pflichtlektüre in der Schule lesen müsst. Keine Ahnung, ob ich da die einzige bin, aber ich habe es gehasst. Ihr wollt aber nicht, dass eure Testleser das Lesen eures Skriptes hassen und als lästige Pflicht abtun, oder? Ja, das dachte ich mir. Daher: Sucht euch Testleser, die auch in ihrer Freizeit lesen.
Kritikfähigkeit
Das trifft auf beide Seiten zu. Der Autor sollte in der Lage sein, Kritik anzunehmen – und im besten Fall umzusetzen -, denn sonst bringt das ganze Testlesen lassen nichts mehr. Es ist vollkommen okay, wenn ihr an euch und eurem Werk zweifelt. Das tut jeder Autor mal, aber denkt immer daran: Testleser wollen euch nichts Böses, sie wollen euch und euer Werk verbessern.
Zumindest sollten sie das wollen. Daher gilt auch für Testleser: Ehrlich und kritisch sein! Sehr, sehr wichtig! Aus dem Grund solltet ihr auch bei Testlesern aus dem Freundes- und Familienkreis sehr genau aufpassen. Eure Mutter würde ich vermutlich nur sagen, wie genial es ist, weil ihr ihr Sohn oder ihre Tochter seid. Und das ist okay. Meine Mutter hat keins meiner Bücher gelesen und findet sie alle super. Sie ist meine eben meine Mutter und keine kritische Leserin. So ist das halt und vielleicht tut es euch gut, wenn eure Testleser euch bauchpinseln, aber stellt euch immer die Frage: Wollt ihr das auch?
Vielleicht wollt ihr euch damit bei Verlagen oder Agenturen vorstellen. Wenn ihr aber nichts anderes als „Das Buch ist super“ zulasst bzw. von den Testlesern gesagt bekommt, werden die offensichtlichen Kritikpunkte (und glaubt mir: die gibt es in jedem Skript) nicht ausgemerzt. Agenturen und Verlage finden sie dann und das allein kann schon darüber entscheiden, ob ein Manuskript in die engere Auswahl oder in den Papierkorb kommt.
Kritik tut vielleicht am Anfang ein wenig weh, aber die Meinung eines Testlesers kann euch so viel helfen, das Beste aus eurem Buch herauszuholen. Das heißt allerdings nicht, dass ein aufmerksamer Testleser ein professionelles Lektorat ersetzen kann, denn das kann er nicht. Aber es ist der erste Schritt von der Rohfassung zu einem guten Skript.
Wie schon gesagt, ich könnte ewig darüber schwadronieren, aber ich denke, das ist ein guter Cut für das Thema. Habt ihr Erfahrungen mit Testlesern? Seid ihr selbst Testleser? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen!
Eure Annie
Aleshanee says
Schönen guten Morgen!
Ein toller Beitrag zu dem Thema, in dem du viele wichtige und nützliche Tipps genannt hast!
Deshalb hab ich ihn auch heute in meiner Stöberrunde verlinkt ;)
Ich wünsch dir ein schönes Wochenende!
Liebste Grüße, Aleshanee
Annie Laine says
Hey Aleshanee :)
Da ich endlich wieder online bin, kann ich deinen Kommentar endlich lesen :D Danke für deine liebe Meinung und die Verlinkung! <3
LG
Anni
sommerlese says
Hallo Anni,
das ist ein interessanter Beitrag, den ich gerne gelesen habe.
Mich hat ein Autor mal als Testleserin angefragt, doch da hatte ich nicht ausreichend Zeit. In der Beschreibung wurde klar, dass ich nur auf Fehlersuche gehen sollte. Inhaltlich sollte ich keine Anmerkung machen. Also als kostenfreie Lektorin arbeiten wollte ich dann aber auch nicht.
Generell finde ich das Testlesen eher auch als Kritikmöglichkeit super. Doch die nimmt nicht jeder Autor auch selbstverständlich an.
Liebe Grüße
Barbara
Dana says
Hallo liebe Anni,
ich war bereits selbst Testleserin und habe auch selbst schon Testleserinnen gehabt und aus beiden Perspektiven finde ich deinen Beitrag sehr treffend. ^^ Zugegeben, es besteht eine Hemmschwelle, jemanden zu kritisieren, wenn man ihn nicht verletzen will, aber ich hab auf der einen Seite selbst gelernt, darüber hinwegzugehen (und habe Spaß am Testlesen gefunden) und auf der anderen Seite war es meist die harte Kritik, die mich dann bei meinem Projekt am meisten weitergebracht hat. Abgesehen davon können Testleser*innen-Kommentare so ungemein unterhaltsam sein, vor allem, wenn sie Logiklücken enttarnen. ^^
Liebe Grüße
Dana
Carina says
Hallo liebe Anni,
deinen Beitrag finde ich sehr interessant und informativ. Da meine Tochter (9) sehr viel liest und mit Begeisterung alles verschlingt, was sie in die Finger bekommt, interessiere ich mich bzwm sie sich für den „Job“ als Testleser(in). Hast du da einen hilfreichen Tipp, wie man das am besten angeht? Verschiedene Verlage anschreiben? Oder gibt es eine Seite, auf der man sich eintragen bzw. bewerben kann?
Liebe Grüße
Carina
Annie Laine says
Liebe Carina,
entschuldige bitte, dass ich erst jetzt zum Antworten komme. Viel um die Ohren …
Verlage selbst arbeiten eher selten mit Testlesern zusammen, sondern mit professionellen Lektoren. Wenn Autoren Testleser suchen, findet man meist Aufrufe in deren Newsletter oder Social Media-Kanälen. Wenn Verlage Testleser (z. B. Kinder, die ein Kinderbuch vor VÖ lesen sollen) suchen, gehen sie meist über Plattformen wie Vorablesen.de. :) Da könntet ihr es mal probieren. Direkt anschreiben würde ich nicht empfehlen. ^^“
Liebe Grüße
Anni