Hallöchen, ihr Lieben!
Wer selbst bloggt, wird recht schnell die Vorzüge von Rezensionsexemplaren erkannt haben. Von kostenlosen Büchern, die Verlage bzw. Autoren Bloggern zur Verfügung stellen, damit diese eine ehrliche Rezension dazu verfassen und dem Buch zu Sichtbarkeit verhelfen. Bei mir hat es damals nicht lange gedauert, bis ich mich darüber schlau gemacht habe, wo ich bei welchem Verlag wie an Reziexemplare rankomme, was ich dafür tun und an wen ich mich wenden muss. Immer, wenn auf eine Anfrage meinerseits auch eine Zusage folgte, fühlte ich mich stolz wie Bolle, weil ich ein Exemplar aus dem meist doch recht begrenzten Kontingent erhalten habe. Inzwischen vergebe ich als Autorin auch selbst Reziexemplare an interessierte Blogger.
Dennoch hat meine Einstellung zu dem Thema sich seit meinen Bloganfängen verändert.
Früher habe ich viel angefragt, das gebe ich offen zu. Es war jedes Mal wie ein Rausch, man konnte sich irgendwie wichtig fühlen und als arme Studentin hat sich auch der Geldbeutel darüber gefreut, wenn man ein Buch nicht kaufen musste, sondern vom Verlag zugeschickt bekommen hat. Damals habe ich immer alles stehen und liegen gelassen, um die Rezensionsexemplare zu beenden und zeitnah binnen zwei Wochen (höchstens!) die Rezension hochzuladen. Heute bin ich froh, wenn ich die drei Monate nicht überschreite.
Über die Jahre hinweg sind die Kooperationen mit Verlagen, Autoren und Agenturen natürlich gewachsen und aus immer mehr Quellen hatte ich plötzlich die Möglichkeit, Rezensionsexemplare zu erhalten. Auf einmal musste ich nicht einmal mehr anfragen, sondern im Gegenteil: Autoren haben angefangen, mich anzuschreiben und zu fragen, ob ich ein Rezensionsexemplar möchte.
Nun merke ich bereits seit ein paar Monaten, dass mir das ständige Lesen von Rezensionsexemplaren allgemein die Luft am Lesen nimmt.
Warum ist das so?
Zeit ist kostbar!
Als ich mit dem Bloggen angefangen habe, war ich im zweiten Semester meines Studiums, hatte keinen Job und noch nicht mit dem Schreiben angefangen. Bis auf Vorlesungen, Klausurvorbereitungen und Hausarbeiten hatte ich vergleichsweise viel freie Zeit. Jetzt nicht mehr. Im Moment arbeite ich Teilzeit/20 Stunden pro Woche, aber ab Oktober erhöhe ich auf 30 Std/Woche, weshalb mir noch weniger Zeit zum Lesen bleiben wird. Dazu kommt das Schreiben, das zwar noch nicht zum Hauptberuf reicht, aber inzwischen weit mehr ist als ein Hobby und das dementsprechend auch viel Zeit frisst.
Mit sinkender Freizeit sinkt auch die Zahl der Bücher, die ich pro Monat schaffe. Ergo muss ich ohnehin schon viel stärker selektieren, welche Bücher ich lese. Klar, dass ich die übrige Zeit mit den Büchern verbringen will, die ich auch lesen möchte. Und die mir gefallen. Aber im schlimmsten Fall kämpfe ich mich genau dann durch ein Rezensionsexemplar, das mich nicht so packt, wie ich gehofft habe. Auch wenn ich angefangen habe, Bücher abzubrechen, die mich nach der Hälfte nicht überzeugen, fühle ich mich Rezensionsexemplaren verpflichtet. Egal, wie ich sie finde, sie werden gelesen. Und wenn es ein Kampf wird.
Das klingt gut, aber … meh :/
Stellt euch vor: Ihr habt Zeit und wollt ein Buch lesen. Ihr habt einen ganzen Stapel ungelesener Bücher, auf die ihr gerade mega Bock habt … und ein Rezensionsexemplar, das darauf wartet, gelesen zu werden. Blöderweise habt ihr überhaupt keine Motivation, dieses zu lesen. Vielleicht hattet ihr sie einmal, aber keine Zeit, und jetzt … ist die Lust weg. Aber das Pflichtgefühl hält euch davon ab, etwas zu lesen, was ihr tatsächlich lesen wollt.
Also lest ihr das Rezensionsexemplar, das vielleicht mega geil ist, aber ihr könnt es nicht richtig genießen, weil die Zeit dafür falsch ist. Letztendlich gewinnt niemand, denn ihr werdet das Buch nie so gut finden können, als wenn ihr mega gehypet dafür gewesen wärt. Das spiegelt sich in der Rezi wieder und ja … doof halt. Für alle Seiten. Für euch, weil ihr euch durchkämpfen musstet, und für den Verlag/Autor, weil die Rezension nicht ganz so gut ausfällt, wie sie hätte sein können.
Apropos Rezensionen …
Ich für meinen Teil bin gnadenlos ehrlich. Wenn mir ein Buch nicht gefällt, dann ist das so und dann sage bzw. schreibe ich das auch. Genauso wie bei positiven Rezensionen. Über die Jahre – vor allem, seitdem ich selbst schreibe – bin ich sehr viel kritischer geworden und Romane, die ich mit 16 toll fand, können mich heute vielleicht nicht mehr überzeugen, aber so oder so: Ich bin ehrlich.
Das passt nicht allen. Ich will hier niemanden anprangern, aber wenn sich jemand angesprochen fühlt, sollte er vielleicht mal darüber nachdenken. ;-) Es ist bisher mehr als einmal vorgekommen, dass ein Verlag bzw. Autor nicht damit klargekommen ist, dass ich ein Buch nicht bis in den Himmel hoch lobe. Von Beleidigungen bis hin zu kindischer Ignoranz habe ich schon alles erlebt. Einmal wollte eine Verlagslektorin sogar mit mir telefonieren, weil ich einen Titel, den sie betreut hat, nicht gut fand. Sorry, aber meine Meinung. Begründet, sachlich und nicht unterhalb der Gürtellinie. Ich kann bis heute noch nicht glauben, dass besagte Lektorin sogar meinte, ich solle lieber gar nichts schreiben als eine kritische Rezension.
Zugegeben, manchmal mache ich das so. Wenn ich Debütautoren oder befreundeten Autoren keine kritische Rezi „reindrücken“ will, verkneife ich mir auch mal meine Meinung, aber das sind Ausnahmen. Jeder Autor oder Verlagsmitarbeiter sollte genug Kritikfähigkeit aufweisen, um damit klarzukommen, wenn tatsächlich Kritik geübt wird.
Einmal hat sich eine Bloggerin bei mir entschuldigt, weil sie eins meiner Bücher kritisiert hat. Ich war ziemlich baff. Sie dachte, dass ich sauer auf sie wäre, aber ganz ehrlich: Wieso sollte ich? Tatsächlich hatte ich die Rezension bereits gelesen und konnte ihre Kritik nachvollziehen. Kein böses Blut zwischen uns. Warum auch immer manche Verlage oder Autoren es als persönliche Beleidigung empfinden, wenn jemand ein Buch nicht zusagt, ich gehöre definitiv nicht dazu.
Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher!
An dieser Stelle sei gesagt: Es gibt keine schlechten Bücher. Ich bin davon überzeugt, dass es für jedes Buch irgendwo einen Leser gibt, der es hammergeil findet. Nur weil ich etwas nicht mag, muss das nicht jeder so empfinden. Aber die Überschrift hört sich besser an als „Das Leben ist zu kurz für Bücher, die mir subjektiv betrachtet nicht gefallen“.
Wisst ihr, wenn mir ein Buch nicht gefällt, will ich die Freiheit besitzen, es abzubrechen und beiseite zu legen. Vielleicht keine Rezension zu schreiben. Und mich stattdessen anderen Geschichten zuzuwenden. Ich will selbst entscheiden können, was ich lese und wann ich es lese, aber mit dem Stapel Rezensionsexemplare und dem daraus resultierenden schlechten Gewissen geht das nicht. Daher habe ich eine Entscheidung getroffen.
Weg mit den Reziexemplaren!
In der vergangenen Woche habe ich zwei Bücher gelesen. Für beide habe ich mich aus freien Stücken entschieden. Ja, sie beide werden im Moment mega gehypet und obwohl ich normalerweise Hypes aus dem Weg gehe, konnte ich nicht anders. #sorrynotsorry Ich für meinen Teil habe weder die Bücher von den Verlagen erhalten noch bin ich in sonst einer Art und Weise an einer Verlagskooperation beteiligt. Ich habe die Bücher gelesen, weil ich sie lesen wollte – und es hat wahnsinnig gut getan.
Aber schon davor habe ich gemerkt, dass Rezensionsexemplare mich stressen und dazu zwingen, zu lesen. Auch wenn ich keine Lust oder keine Zeit habe. Lesen wurde zu einer lästigen Pflicht und aus dem „Yay, ein Reziex!“ wurde schnell „Yay, endlich bin ich wieder bei null … oh, da ist schon das nächste …“. Ich habe dadurch die Lesemotivation fast komplett verloren und das soll sich ändern. Back to the bones.
Im Moment habe ich noch drei Rezensionsexemplare (und ein Leseexemplar, das ich von der Buchhandlung, in der ich arbeite, bekommen habe). Zwei davon lese ich gerade parallel, das dritte schiebe ich hinterher und dann bin ich sie alle los (bis nächsten Monat, wenn noch eins, was ich vor Monaten angefragt habe, kommt.). Ich freu mich jetzt schon wahnsinnig darauf!
Sagen, dass ich nie wieder Rezensionsexempare anfrage bzw. annehme, würde ich nicht, denn wer weiß, wie es in der Zukunft aussieht? Außerdem gibt es immer noch die Autorenfreunde, zu deren Büchern man nur selten nein sagen kann. Aber fürs erste werde ich mir sehr viel weniger davon aufbürden und stattdessen bewusster lesen. Den SUB habe ich in der Zwischenzeit nämlich trotzdem ganz schön anwachsen lassen und bin dann nie dazu gekommen, weil ich anderes lesen musste.
Wie steht ihr zu Rezensionsexemplaren? Schreibt mir eure Meinung gern in die Kommentare.
Dana says
Hallo liebe Annie,
ein toller und auch beeindruckend ehrlicher Post!
Da ich nur einen relativ kleinen Blog habe, habe ich auch kaum Kooperationen und meine Rezensionsexemplare beschränken sich zumeist auf Leseexemplare aus Leserunden. Von daher kann ich zu deinem Thema nicht allzu viel beitragen, den die meisten Bücher kaufe ich mir immer noch selbst. Allerdings kann ich mir den Stressfaktor vorstellen. Und ich finde es krass, dass du tatsächlich o ausgeprägte Erfahrungen mit Verlagen und Autor*innen gemacht hast, die mit einer kritischen Rezension nicht zufrieden waren. Klar, ich hatte auch gerade erst eine Leserunde mit Autorinnenbegleitung, bei der ich mit dem Buch nicht klarkam, und es tat mir auch total leid, dass so offen zu äußern, aber ich halte Ehrlichkeit für ungemein wichtig und bin eigentlich der Ansicht, Verlage und Autor*innen sollten professionell genug sein, um auch mit kritischen Rezensionen umgehen zu können. Wie du sagst, letztendlich ist das eine subjektive Meinung und kaum ein Buch wird von allen gemocht, selbst die größten Hypes.
Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass du wieder mehr Spaß beim Lesen findest und dich weniger stressen lässt!
Liebe Grüße
Dana
Annie Laine says
Hey Dana :)
Dankeschön!
Als ich mit dem Bloggen angefangen habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich mal an diesen Punkt komme, aber manchmal muss man die Richtung ändern, wenn man nicht mehr zufrieden ist. Ich will auch nicht alle über einen Kamm scheren. Viele Autoren kommen gut mit Kritik klar, aber es bleibt leider eher im Gedächtnis, wenn es anders ist.
Wenn du mit dir und deinem Blog zufrieden bist, ist doch alles super ;) Es kommt nicht auf die Anzahl von Rezensionsexemplaren an und auch nicht auf die Kooperationspartner. Sonst gelangt man irgendwann an den Punkt, an dem man einfach nur noch gestresst ist und keinen Bock mehr hat zu bloggen. Und das wollen wir doch nicht. :)
Einen schönen Abend wünsche ich dir!
Liebe Grüße
Anni
Kathi says
Danke für deinen ehrlichen Beitrag zum Thema Rezensionsexemplare! Du sprichst mir damit regelrecht aus der Seele! Mir ging es früher ganz ähnlich. Ich habe mich immer über die Reziexemplare gefreut, sobald ich sie begonnen hatte, hatte ich aber oft gerade keine Lust darauf. Da es ein Rezensionsexemplar ist, zwingt man sich dann natürlich trotzdem dazu, das Buch auszulesen. Leider stimmt es auch das manche Verlage und Autoren negativ reagieren, wenn man ein Buch kritisiert. Ein Verlag hat von mir einmal verlangt, dass ich mindestens eine 4 Sterne Rezension posten oder ganz auf die Rezension verzichten soll. Diese Situation hat mich damals ins Grübeln gebracht und ich habe die Rezensionsexemplare danach drastisch reduziert. Auf die Rezension zu dem Buch habe ich natürlich verzichtet. Heute nehme ich keine Rezensionsexemplare mehr an. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, hauptsächlich Bücher von meinen Lieblingsautoren oder Reihenfortsetzungen. Das kommt jedoch nur äußerst selten vor. Außerdem veröffentliche ich meine Rezensionen nur mehr auf Lovelybooks und nicht mehr auf meinem Blog. Obwohl ich selber weiterhin neben Lovelybooks auch viele Rezensionen auf Blogs lese, bereitet mir das Rezi Bloggen irgendwie keine Freude mehr. Auch dadurch fühle ich mich viel freier. Früher fühlte ich mich gezwungen, Rezensionen zusätzlich zu Lovelybooks auch auf meinem Blog zu veröffentlichen. Irgendwann habe ich dann aber bemerkt, dass mir das nicht mehr so viel Spaß macht und es viel unkomplizierter ist seine Rezensionen auf Lovelybooks zu veröffentlichen. Deswegen bin ich vorerst dabei geblieben. Kann natürlich auch sein das sich das wieder ändert. Ich mache auf jeden Fall nur mehr, was mir Spaß macht :D Wenn ich gerade keine Lust auf ein Buch habe, lege ich es zur Seite und beginne ein neues. Mit den ganzen Rezensionsexemplaren ging das früher nicht so einfach.
Annie Laine says
Hey Kathi :)
Du sprichst mir aus der Seele. Auch das mit dem Rezi-Bloggen – ich meine, sieh dir den Blog mal an. Da sind fast nur Rezis, weil ich wegen Reziexen kaum dazu komme, andere Beiträge (wie diesen hier) zu schreiben. Auch das möchte ich in Zukunft ändern. Ein Buchblog sollte aus mehr bestehen, als nur aus Rezensionen. Genau das möchte ich auch wieder erreichen. :)
Definitiv schön, dass ich nicht die einzige bin, die das alles so empfindet.
LG
Anni