Riley kann es nicht fassen: Gerade erst ist eine neue Familie – mit einem echt heißen Teenager – ins Haus nebenan gezogen, da steigt eben dieser mitten in der Nacht auch schon in ihr Zimmer ein. Und als wäre das noch nicht genug, verschwindet er wieder, bevor Riley den Ernst der Lage auch nur erfassen kann: Mit ihrem Mickey-Maus-BH als Beute. Jegliche Versuche, ihre Unterwäsche zurückzuholen, scheitern. Blöderweise kommt sie dabei dem unverschämt gut aussehenden – aber auch schrecklich eingebildeten – Alec immer näher.
Kurz vorweg: Das Buch klang nach eingehender Recherche und einem Blick auf den Wattpad-Klappentext (der übrigens besser klingt als der vom Verlag) wirklich sehr süß und knuffig und allgemein lese ich gerne Bücher mit der Prämisse. Gefühle, die zunächst tiefer Abneigung entsprechen und sich langsam in Liebe wandeln. Ich mag das. In dieser Hinsicht bin ich einfach gestrickt. Wenn noch ein wenig Humor und verbale Schlagabtausche dabei sind, umso besser! Meine Erwartungen – das Buch ist schließlich auf Wattpad ein echter Hit mit über 100 Millionen Reads – waren hoch. Und dann habe ich angefangen zu lesen.
An dieser Stelle eine dicke Spoiler-Warnung, da ich detailliert auf den Inhalt eingehen werde.
Zickenterror
Das Buch beginnt sehr spektakulär mit einer Partie Mario Kart. Rileys kleiner Bruder gewinnt und freut sich darüber. Und hier beginnt der Zickenterror, denn anstatt sich für ihn zu freuen, hat Riley nichts Besseres zu tun, als Jack (so heißt ihr Bruder) in Gedanken zu beleidigen und sich voll darüber aufzuregen, dass er gewonnen hat. Ja, ich weiß, Mario Kart zerstört Freundschaften, aber Himmel Herr Gott, Jack ist acht, Riley, gönn ihm den Sieg und mach dich nicht schon auf Seite 2 zur unsympathischsten Protagonistin, die ich dieses Jahr kennengelernt habe.
Und weil das so noch nicht genug ist, ruft dann ihre Mutter. Riley überlegt erstmal Widerworte zu geben, kommt dann aber schließlich doch zu ihrer Mutter, die ihrer Tochter etwas total Cooles zeigen will. Im Haus nebenan ziehen Menschen ein. Eine Frau, ein kleines Mädchen und ein Kerl, der so heiß ist, dass Riley gar nicht mehr den Blick von ihm abwenden kann. Ein totaler „Hottie“, wie sie ihn selbst beschreibt. Eigentlich hätte ich das Buch gerne schon an dieser Stelle beiseite gelegt.
Von gestohlenen BHs
Es kommt, wie es kommen muss. Natürlich hat der Kerl schon am ersten Abend seine besten Freunde (Spoiler-Alert: Er hat schon mal in der Gegend gewohnt und den Kontakt gehalten) versammelt und weil Party allein ja langweilig ist, kommt es zu einer Wette. Im Zuge dieser legt Alec – ach, so heißt der heiße Kerl – eine filmreife Nummer hin und springt von seinem Zimmer auf das Dach des Nachbarhauses, um in Rileys Zimmer einzusteigen. Dass das Einbruch und Hausfriedensbruch ist, ist erstmal egal – und wird auch später nicht noch mal erwähnt. Unsere Protagonistin, die von der lauten Musik nicht schlafen kann – stört das eigentlich niemanden sonst in der Nachbarschaft? Oder auch Alecs Mom und kleine Schwester? Wir werden es nie erfahren! -, bekommt den Einbruch jedoch erst mit, als Alec schon wieder fast draußen ist. Mit ihrem Mickey-Maus-BH.
Okay, das ist irgendwie unschön und ich kann verstehen, dass es ihr ums Prinzip geht, dass sie den BH wiederhaben will, ABER sie übertreibt maßlos. Nicht nur, dass sie den supertollen Plan fasst, ihm im Gegenzug eine Boxershorts zu stehlen (WTF?!), sie revanchiert sich, indem sie zu nachtschlafender Zeit bei ihm einbricht. Aber anstatt ihren Plan in die Tat umzusetzen, findet sie es auf einmal sehr viel reifer und erwachsener (eigentlich habe ich keine Ahnung, was bzw. ob sie sich überhaupt etwas dabei gedacht hat), ihm das Gesicht mit Edding anzumalen. (Hier sollte erwähnt werden, dass sie bereits auf die Highschool geht und nicht in die Grundschule.) Nach einem Einbruch in die Männerumkleide – Alec könnte den BH ja in seiner Sporttasche haben – artet das Ganze zu einer Art Kleinkrieg zwischen den beiden aus.
Von dem bekommt man allerdings nicht viel mit, denn auf einmal haben beide Protagonisten eine tragische Vergangenheit, die immer wieder aufgebauscht wird. Gut, bei Riley zieht es sich durch und hat die Handlung stellenweise sogar interessant gestaltet, aber dann kam auch noch Alec dazu und ich frage mich, ob das wirklich hätte sein müssen. Vor allem, weil die beiden sich dann innerhalb weniger Tage immer näherkommen und sie vergisst, dass sie ihn eigentlich nicht leiden kann – schließlich hat er tolle Augen und sieht so gut aus. Ach ja, dass er ihren BH immer noch hat, scheint auch vergessen. Wieso hat sie noch mal so einen Aufriss deswegen gemacht?
Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte
Von allem anderen mal abgesehen, war ich fast an dem Punkt, an dem ich sagen würde: Es wird besser, ich halte das bis zum Ende durch. Und dann kam der eine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, nachdem ich kopfschüttelnd den Reader ausgeschaltet habe, denn eine Dreiecksgeschichte hätte ich nun wirklich nicht ertragen. Wobei es eigentlich schon ein Viereck wäre:
- Riley, die unscheinbare Außenseiterin, auf die die Jungs anscheinend aber fliegen wie Motten zum Licht.
- Alec, der gutaussehende, unausstehliche, eingebildete – aber gutaussehende, um das noch mal zu betonen – Kerl von nebenan, auf den sie insgeheim natürlich steht. (Ich halte ihn nicht wirklich für einen Bad Boy.)
- Toby, der Ex-Freund, der Riley betrogen hat und sie jetzt zurück will. Er ist übrigens heiß.
- Dylan, der echt süß und natürlich auch total heiß ist, aber leider steht sie nicht auf ihn.
Noch ein paar Worte zum Schreibstil
Ich würde gerne behaupten, dass der zumindest gut war, aber immer wieder sind mir Ungereimtheiten aufgefallen, die den Lesefluss zerstört haben, und ganz dämliche Übersetzungsfehler. Ein Beispiel: „… du bist hübsch, Greene …“ Er beugt sich näher zu mir und lacht leise vor sich hin. „Hübsch dämlich.“ (Position 528) (Für die Nicht-Englischsprachler: Das Wort „hübsch“ heißt auf Englisch „pretty“. Setzt man „pretty“ im Englischen vor ein Adjektiv wird daraus „ziemlich“. Die korrekte Übersetzung wäre daher: Du bist hübsch, Greene … Ziemlich dämlich. Klar, dadurch geht der Witz verloren, aber „hübsch dämlich“? Ernsthaft? Es hätte mindestens zwei andere Wege gegeben, das vernünftig zu übersetzen.)
Abgebrochen habe ich bei 51%.
„Bad Boy stole my Bra“ von Lauren Price hat zwar eine interessante Prämisse, von der ich nach wie vor glaube, dass sie Potential gehabt hätte, aber in der Umsetzung hat die Autorin leider nicht überzeugen können. Zickiges, kindisches Verhalten steht an der Tagesordnung, Unausstehlichkeit und Arroganz werden damit entschuldigt, dass der Kerl ja heiß ist (wie irgendwie alle Kerle in dem Buch), und die Nebenhandlung wird zunächst null behandelt, um sie dann überdramatisiert hervorzukramen und den Leser so bei der Stange zu halten. (Was bei mir nicht funktioniert hat.)
Werbeblock
- Titel: Bad Boy stole my Bra
- Autorin: Lauren Price
- Reihe: /
- Preis: 12,00 € (Broschur) | 9,99 € (E-Book)
- Seitenzahl: 352
- Altersempfehlung: 14
- Verlag: Heyne Fliegt
- ISBN: 978-3-453-27177-7
Mehr Informationen gibt es hier.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
Verena says
Eine herrliche Rezension, deren Lesen mir sehr viel Spaß gemacht hat, wahrscheinlich mehr Spaß als dir das Lesen des Buches! Einen wunderbaren Humor habe ich entdeckt und freue mich jetzt nachträglich, dass ich kein Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen habe! :-))))
LG Verena
Annie Laine says
Liebe Verena :)
Hehe, es freut mich, dass du dich über meine Rezi amüsiert hast. :D Ich hatte auch Spaß beim Schreiben (definitiv mehr als beim Lesen). :P
LG
Anni